Freitag, 16. Juni 2006

Re: 16-06

Serbien-Montenegro mußte kurzfristig seine Abwehrreihe umstellen, die Auswirkungen waren katastrophal. Die blendend disponierten Argentinier sorgten schnell für klare Verhältnisse und nahmen den geknickten Gegner in der Folge nach Strich und Faden auseinander. Spätestens nach der Roten Karte für Kezman beim Stand von 3:0 entwickelte sich auch dank der noch mit Torhunger ins Spiel gekommenen Tevez und Messi ein für die Serben demütigendes Lehrspiel, bei dem es die Argentinier nicht mehr ohne Gurken- und Fersenzauber machten. Höhepunkt die brillante Einzelleistung von Carlos Tevez zum 5:0. So setzte es für die in der Qualifikation noch beinahe unüberwindliche Betonabwehr der Serben ein halbes Dutzend auf einen Schlag, während Argentinien trotz Kantersieg Kräfte schonen konnte und nach zwei Respekt einflößenden Vorstellungen zum ganz heißen Titelanwärter avanciert.

Die Elfenbeinküste zeigte sich in Spiel 2 einmal mehr hartnäckig und zäh, allein, es war zuwenig, es fehlte der zündende Gedanke, um die nach der Pause sehr umsichtige holländische Verteidigungslinie in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen. So blieben den Ivorern hauptsächlich Weitschussversuche, von denen immerhin einer sein Ziel fand. Zu wenig, wie gesagt. Die Niederlande agierte für meinen Geschmack nach dem Anschlusstreffer trotzdem zu reaktiv, hätte aus einer komfortablen Führung mehr machen müssen und war weit entfernt von der Souveränität Argentiniens. Wie auch immer, über die Aufstiegsplätze in Gruppe C wurde entgegen den Erwartungen vorzeitig entschieden, und es war wie zu befürchten schade, dass die Elfenbeinküste schon durch die Auslosung bestraft wurde.

Abends schließlich das beinahe zu erwartende Unspiel, in dem die unfähigen Mexikaner gegen wenig begnadete, aber beherzte Angolaner kein Mittel und in Torhüter João Ricardo ihren Meister fanden. Der vereinslose (!) Goalie wuchs vor allem in der Schlussphase über sich hinaus, als Mexiko nach gelb-roter Karte für André die Entscheidung erzwingen wollte. Angola durfte den ersten Punkt bei der ersten WM-Teilnahme wie einen Sieg feiern, der Weltranglistenvierte im fragwürdigen FIFA-Ranking setzte sich vor dem letzten Gruppenspiel gegen Portugal hingegen selbst unter Druck.

Pre: 16-06

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Serbien-Montenegro heute zu einer Überraschung fähig sein wird, dafür sind die Argentinier zu cool. Die werden den Gegner kommen lassen, die Serben werden aber auch nicht von Beginn an alles riskieren wollen und erst wenn die Zeit davonzulaufen droht, einen Alles-oder-nichts-Sturmlauf versuchen. Ich schätze aber, dass eher Argentinien vorher schon das Spiel (und den Aufstieg) für sich entschieden hat. Tipp: ARG-SCG 1:0.

Im Schlager des Tages ist dafür jede Spielentwicklung denkbar. Die Elfenbeinküste wird alles probieren, Holland war beim Auftaktsieg gegen Serbien-Montenegro im Grunde mäßig überzeugend und ist gewarnt. Dennoch: Die Niederländer können gar nicht defensiv spielen, ich wiederum kann gar nicht gegen sie tippen und hoffe auf ein lebhaftes, offenes Spiel. Tipp: NED-CIV 2:1.

Das Abendmatch verspricht hingegen eine eher lahme Angelegenheit zu werden, Angola traut sich wenig zu (und hat auch wenig drauf), Mexiko präsentiert sich so wie meistens bei einer WM als Ansammlung begabter Kicker, die in Summe noch keine brillante Mannschaft ergeben. Auf ihre pomadige Weise (um das Wort auch einmal zu verwenden) werden sich die Mexikaner das Achtelfinale schon sichern. Tipp: MEX-ANG 2:0.

Donnerstag, 15. Juni 2006

Pre: 15-06

Feiertag wird Nichtstutag, viel zu schön da draußen. Heute nur die Tipps:

ECU-CRC 2:1
ENG-TRI 5:0
SWE-PAR 1:0

Mittwoch, 14. Juni 2006

Re: 14-06

Spanien begann überfallsartig, schoss zwei schnelle Tore, und bei der Ukraine bewahrheitete sich, dass der beste Stürmer nichts nützt, wenn der vorne alleine in der Luft hängt und keine Bälle bekommt. Die Ukrainer waren in der ersten Halbzeit praktisch nicht vorhanden, allfällige Aufholbemühungen wurden kurz nach Wiederbeginn durch die lächerliche Elfer+rote-Karte-Entscheidung des Schweizer Schiris im Keim erstickt. Anders als andere Nationen schaltet Spanien in solchen Situationen nicht zurück (wir erinnern uns da an ein gewisses 9:0...), im Spielrausch gelang ihnen eine wahre Traumkombination über sechs Stationen vom eigenen Strafraum weg zum 4:0. Spanien spielte die Ukraine an die Wand, beeindruckte durch Power, Beweglichkeit, Siegeswillen auf allen Linien; der Aufstieg ist nur noch Formsache. Im Achtelfinale sollten sie gegen jeden Gegner aus Gruppe G reüssieren können - wer weiß, vielleicht tat es Spanien gut, dass man sie diesmal im Vorfeld nicht auf der Rechnung hatte?

Zweites Spiel nicht gesehen, zum dritten Spiel noch: Wenn Deutschland wieder damit anfängt, entscheidende Last-minute-Tore zu schießen, dann muss mit dem Äußersten gerechnet werden. Mehr ein ander Mal, bin für heute schon zu müde.

Pre: 14-06

Heute greifen die letzten vier Mannschaften ins Turnier ein, wobei am Nachmittag gleich die beiden Favoriten in Gruppe H aufeinandertreffen. Spanien, aktuelle Nr. 1 im Klubfussball, hat bei großen Turnieren traditionsgemäß nie viel gerissen und wird diesmal nicht einmal als Geheimtipp gehandelt, schließlich wurde schon die Qualifikation erst im Nachsitzen geschafft. Spaniens altes Problem: Es gibt kaum Legionäre und bei den heimischen Topklubs spielen die spanischen Spieler - anders als in Italien - oft nur die zweite Geige. Im Gegensatz zu Spanien qualifizierte sich die Ukraine in einer starken Gruppe frühzeitig und unangefochten, der Optimismus beim ersten WM-Antreten des Landes ist grenzenlos bis zum Größenwahn, Oleg Blochin (der als sozialdemokratischer Parlamentsabgeordneter seinen Teamchef-Job ehrenamtlich ausübt) redet gar vom WM-Titel. Blochin war zu seiner Zeit (noch für die UdSSR), was sein Starspieler Andrej Schewtschenko heute ist: Zentralgestirn, Ikone und Torgarant. Ob der Rest der ukrainischen Mannschaft (fast durchwegs Spieler aus der eigenen Liga) mit dem Niveau des AC-Milan-Stars mithalten und den Ansprüchen gerecht werden kann, darf bezweifelt werden. Sowohl Spanien als auch die Ukraine sollten aber keine Probleme haben, die nächste Runde zu erreichen. Tipp: ESP-UKR 1:1.

Beim Spiel der beiden Außenseiter in Gruppe H stehen sich zwei grundverschiedene Ausgangspositionen gegenüber: Tunesien, zum dritten Mal en suite bei einer WM dabei, stellt eine fast reine Legionärstruppe (allerdings ohne große Namen), während alle Spieler Saudi-Arabiens im eigenen Land aktiv sind, da es sich auch dort blendend verdienen läßt. Für die WM wird das zu wenig sein, auch wenn die Saudis die Qualifikation in eindrucksvoller Manier ungeschlagen vor Südkorea meisterten. Tipp: TUN-KSA 2:0.

Am Abend geht es mit dem Schlager zwischen Deutschland und Polen bereits in die zweite Runde der Gruppenphase. Mit einem Sieg können die Deutschen den Aufstieg bereits fixieren, nach der desolaten Vorstellung Polens bei der Schlappe gegen Ecuador besteht daran auch wenig Zweifel, denn unter Druck dürften die Polen erst recht nicht zu ihrem Spiel finden. Tipp: GER-POL 2:0.

Don't go around tonight

secession-100606n2kl

It's bound to take your life.

Dienstag, 13. Juni 2006

Re: 13-06

Vom ersten Spiel hab ich echt zu wenig gesehen, um etwas dazu sagen zu können. Scheinbar war die erste Hälfte eher zu vergessen und Südkorea konnte erst nach der Pause dank der roten Karte ins Spiel finden und dieses noch drehen.

Vorschautechnisch muss noch erwähnt werden, dass das kommende Spiel jetzt wie aufgelegt für meine liebe G. wäre, die soeben von drei Wochen Paris zurückgekommen ist, denn G. ging in Neuchâtel zur Schule und hat in Paris studiert. Nur leider - G. interessiert sich null für die Kickerei, was aber unter Umständen der Wiedersehensfreude dazu führen kann, dass ich auch von Spiel zwei was versäume. Denn beim Match Fussball vs. Frau gewinnt bei mir immer noch Tipp 2.

Nun, ich hab das Match doch gesehen und muss sagen, so wird das nichts mit Frankreich. Thierry Henry, meines Erachtens bei Arsenal der beste Stürmer der Welt, nahm seine Unform aus der Quali ansatzlos mit zur WM - aber so kläglich, wie er heute Top-Chancen vergab, das war eigentlich unter seiner Würde und tat echt schon weh. In der brütenden Hitze wirkten jedoch manche der alten Herren Frankreichs sonnenstichgefährdet - Barthez hatte in einigen Situationen mehr Glück als Verstand, Zidane konnte vor der Pause noch kreative Farbtupfer setzen, danach ging er ein wie ein Radfahrer mit Hungerast. Somit traten beide meiner Befürchtungen ein - Frankreichs Sturm von der Rolle, Zidane ein Schatten von einst. Zum Glück schienen auch die beflissenen, aber farblosen Schweizer bei ihren ebenfalls teilweise fahrlässig vergebenen Chancen Mitleid mit den Franzosen zu haben, und so wurde es einmal mehr das Lieblingsergebnis zwischen diesen beiden Mannschaften - ein Unentschieden, das entgegen der landläufigen Meinung (und auch jener des Premiere-Kommentators) beiden hilft.

Vom Abendspiel sah ich dann tatsächlich nur Hälfte zwei (Gründe siehe oben), nahm aber buchstäblich en passant das schöne Tor von Kaka mit, weil ja unterwegs alle paar Meter ein Fernseher wo stand. Der kroatische Anfangselan nach der Pause verpuffte bald wirkungslos (zeigte aber einige Schwächen der leicht überreifen brasilianischen Abwehr auf), und so ergab sich nach einer knappen Stunde eine unbefriedigende Pattstellung. Kroatien zeigte sich - diesbezüglich unterstützt von der eigenen Anhängerschaft! - mit einer achtbaren Niederlage gegen den Großmeister zufrieden, Brasilien war happy, den wichtigen Auftaktsieg trainingsmäßig über die Runden schaukeln zu können. Dabei ergaben sich absurde statische Situationen, in der von sinnvoller Raumaufteilung keine Rede mehr sein konnte. Ronaldinho litt sichtlich unter der Antriebslosigkeit einiger seiner Mitspieler, und Brasilien musste zu Recht Pfiffe von den Rängen einstecken. Sei's drum - über den zweiten Aufstiegsplatz in Gruppe F wird somit in den weiteren Spielen der Kroaten entschieden.

Wienfluss-Einwölbung - neue Fotos

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Fussball-WM hin oder her, das darf auch nicht ganz zu kurz kommen. Lange habe ich gewartet, dass man beim Girardipark endlich wieder halbwegs vernünftig fotografieren kann, jetzt wurden wenigstens die Baustellenabsperrungen soweit entfernt, dass man sich wieder frei bewegen kann. Der "Park" (auch im Idealfall ein Irgendwas zwischen Café Museum, Kunsthalle und Secession) sieht immer noch aus wie eine plattgewalzte Müllhalde, aber bitte, die Action war notwenig für die sich endlos hinziehenden Arbeiten am Wiental-Kanal, einem an sich sehr schätzenswerten unsichtbaren Bauwerk, und grundsätzlich ist es eh bewunderswert, dass man an der Oberfläche so wenig merkt davon, denn da unten bewegt sich einiges.

Auch darüber geht's am Rande in dieser alten Wienschau-Geschichte, vor allem aber gibt's eben ein paar lässige neue Fotos in Bezug auf die Überdeckung des Wienflusses vor über hundert Jahren zu sehen.

Pre: 13-06

Obwohl Südkorea ohne Heimvorteil auf keine Wiederholung des Sensationsruns von vor vier Jahren hoffen darf, wäre alles andere als ein deutlicher Sieg gegen Togo eine Enttäuschung. Togo setzte sich in der Qualifikation zwar gegen Senegal durch, dennoch galt der WM-Neuling schon im Vorfeld als einer der krassesten Außenseiter des Turniers. Nun geht es auch noch drunter und drüber, der ohnehin erst seit drei Monaten im Amt befindliche deutsche Trainer Otto Pfister trat aufgrund eines Prämienstreits vor wenigen Tagen zurück, will sich nun aber doch wieder auf die Bank setzen. Kaderspieler Eric Akoto, vergangenen Herbst noch bei der Admira, ist vereinslos und absolvierte seine WM-Vorbereitung als Gast des Regionalligaklubs Schwechat. In den letzten Testspielen verlor Togo gegen DR Kongo und Guinea, das sieht nun wirklich gar nicht gut aus. Tipp: KOR-TOG 4:0.

Die Nachbarn Frankreich und Schweiz kennen sich noch aus der Qualifikation gut, man tat sich nicht weh und spielte zweimal unentschieden. Über dem WM-Abschneiden beider Mannschaften stehen einige Fragezeichen. Frankreich will sich für das unwürdige Abschneiden vor vier Jahren rehabilitieren, das wird aber nur gelingen, wenn bei Zidane kurz vor dem Karriereende das Können mit dem Wollen noch Schritt hält und vorne Henry und Trézéguet ihrem Ruf als Torgaranten anders als in der Quali wieder gerecht werden. Bei der Schweiz wird es darauf ankommen, ob man sich mit dem Erreichten zufrieden gibt oder Größeres anstrebt, denn ein zweiter Platz in Gruppe G scheint durchaus machbar. Und in der Schweiz wurde in den letzten Jahren (im Gegensatz zu Österreich) solide gearbeitet und es wäre wünschenswert, wenn wenigstens einer der beiden EM-Partner Werbung für 2008 macht. Tipp: FRA-SUI 2:2.

Am Abend wartet alles gespannt auf den Erstauftritt des Topfavoriten Brasilien. Gegner Kroatien wird versucht sein zu zeigen, dass man spielerisch und technisch auch was drauf hat (was den Brasilianern nur recht sein wird) und im übrigen zuviel Respekt haben. Tipp: BRA-CRO 2:0.

Montag, 12. Juni 2006

Re: 12-06

Das Nachmittagsspiel stand zunächst im Zeichen der Torhüter und wurde am Ende zum Triumph der Wechselspieler. Beim Führungstor der Japaner war Goalie Mark Schwarzer im Fünfmeterraum nicht regelkonform abgedrängt worden. Schwarzer, im entscheidenden Quali-Elferschießen noch Australiens Held, ließ dabei allerdings Durchsetzungsvermögen vermissen und stellte sich später auch bei einem Kopfball außerhalb des Strafraums nicht glücklich an. Schon schien die Begegnung mit einem schalen Beigeschmack zu enden, als die lange Zeit hölzern und träge wirkenden Angriffsbemühungen der stets feldüberlegenen Australier doch noch belohnt wurden und sich die Ereignisse zum Schluss überschlugen. Erst patzte der bis dahin ausgezeichnete japanische Tormann Kawaguchi, dann schlug Torschütze Tim Cahill gleich nochmal mit einem Unhaltbaren zu, ehe John Aloisi ein unwiderstehliches Solo hinlegte und das furiose Finale der Australier, in dem beide eingewechselten Joker stachen, zum 3:1 krönte.

Das 18 h-Spiel: Die Tschechen haben's nicht verlernt, lagen bald mal 2:0 vorne und ließen nicht nur nichts anbrennen, sondern blieben weiter spielfreudig. Den Amerikanern fehlten die Mittel, um der überlegenen Reife der Tschechen etwas entgegenhalten zu können, sie ergaben sich dadurch eigentlich vorzeitig in die Niederlage und gewährten dem Gegner vor allem in der zweiten Halbzeit zu viel Raum zum Kombinieren. Bei den Tschechen kam Salzburgs Lokvenc für den verletzten Jan Koller, der zuvor in typischer Manier für die Führung gesorgt hatte. Mann des Spiels war aber Tomáš Rosický mit zwei Toren Marke Extraklasse. Tschechien präsentierte sich als souveränster aller bisher gesehenen WM-Teilnehmer.

Und seit heute abend weiß man, dass mit Italien bei dieser WM (doch) zu rechnen sein wird. Im Duell mit Ghana entwickelte sich in der ersten Halbzeit ein offener Schlagabtausch, wie man ihn in der Eröffnungsphase eines solchen Turniers ausgesprochen selten zu sehen bekommt. Beide Mannschaften fackelten nicht lange im Mittelfeld herum, sondern zogen forsch Richtung Strafraum, wo sich hüben wie drüben gefährliche Situationen in Permanenz entwickelten. Für den TV-Konsumenten hieß das Wegschauen verboten und Klogänge aufschieben. Die für etwas mehr Brisanz sorgenden Italiener gingen schließlich nicht ganz unverdient in Führung und dürften in der Kabine nun doch eine taktische Besprechung genossen haben, denn nach der Pause spielte man zurückgezogener, abwartender und lauerte auf Möglichkeiten zum Konter. Diese ergaben sich tatsächlich und führten wiederholt zu äußerst haarigen Abseitsentscheidungen, wobei der Fahnenschwinger an der Linie mit den Italienern kein Erbarmen kannte. So brauchte es schließlich einen unerzwungenen Ballverlust Ghanas im Mittelfeld plus anschließendem Kapitalfehler beim Rückpassversuch, der Italien das entscheidende zweite Tor ermöglichte. Erst an der folgenden Jubeltraube (an der sich auch Ersatzspieler beteiligten) merkte man, welche Anspannung in Wahrheit auf der Mannschaft gelastet hatte.

Ghana war ein trauriger, ehrenvoller Verlierer, hatte spielerische Klasse, Dynamik und tolles Engagement gezeigt. Der Feinschliff fehlt noch: Vorne die Coolness und das Verwerten der Chancen, hinten braucht's eine ordnende Hand, die auf die Euphoriebremse steigt - mit einer derart weit aufrückenden Abwehr zu agieren, wie Ghana das in der zweiten Hälfte tat, das ist zwar mordsfrech, aber gegen eine abgefeimte Truppe wie Italien letztlich Harakiri mit Anlauf. Ähnlich wie bei Argentinien-Elfenbeinküste setzte sich die Siegermannschaft aufgrund ihrer größeren "Erwachsenheit" durch, nur auf noch höherem Niveau. Und keine Frage, das war der bisher beste Spieltag der WM.

Pre: 12-06

Weiter geht's heute nachmittag mit dem Mittelklassetreffen Australien-Japan, wobei ich geneigt bin, Vorteile bei den Australiern zu sehen. Die Down-under-Jungs haben eine ähnliche Aufwärtsentwicklung wie die US-Amerikaner durchgemacht und bevorzugen eine robuste, körperbetonte Spielweise, die nicht nur Filigranarbeitern wie den Japanern Schwierigkeiten bereiten wird. Australien hat zudem mehr und bessere Legionäre, Japan konnte hingegen den Schwung der Heim-WM vor vier Jahren nicht richtig mitnehmen. Ein umkämpftes Match sollte es dennoch werden, denn der Verlierer ist weg vom Fenster. Tipp: AUS-JPN 2:1.

Im zweiten Spiel fällt die Favoritenrolle klar an Tschechien. Für diese über Jahre hinweg zusammen geschweißte Mannschaft, in der einige key player ihren WM-Abschied nehmen, ist es die letzte Möglichkeit, noch einmal groß aufzuzeigen. Mit Routine und Ehrgeiz könnten die Tschechen bei der WM ganz weit kommen, anderenfalls ist aber sogar ein vorzeitiges Ausscheiden im Stile Frankreichs vor vier Jahren nicht ausgeschlossen. Schon das erste Spiel wird zeigen, wohin die Reise geht, die Amis - in der Qualifikation Gruppensieger vor Mexiko - werden nicht so leicht zu biegen sein. Tipp wie oben: USA-CZE 1:2.

Am Abend gilt das Hauptaugenmerk der Befindlichkeit des italienischen Teams nach dem Ligaskandal. Im Normalfall hätte Italien zu den Top-4-Anwärtern auf den WM-Titel gezählt, aber die Ereignisse werden fraglos Spuren hinterlassen haben, nicht nur bei den fünf Juventus-Spielern im Kader. Nachdem der erste Schock verdaut ist und die italienischen Fans Wiedergutmachung fordern, wird sich Italien an eine Jetzt-erst-recht-Einstellung klammern (müssen). In Gruppe E gibt es keinen leichten Auftaktgegner, Ghana ist für mich nach oder neben der Elfenbeinküste die stärkste afrikanische Mannschaft im Turnier und besitzt vor allem in der Offensivabteilung einige Top-Legionäre, allen voran Michael Essien vom FC Chelsea. Tipp: ITA-GHA 1:0.

Sonntag, 11. Juni 2006

Re: 11-06

Na, einmal ein Resultat richtig getippt, wer sagt's denn. Durch das frühe Tor von Arjen Robben, der danach eine fulminante Soloshow im Angriff abzog, ähnelte das Spiel der gestrigen Begegnung England-Paraguay, war aber doch zumindest in der ersten Halbzeit um eine Klasse attraktiver anzusehen. Beim Tor der Holländer klappte wieder einmal das Positionsspiel der gegnerischen Abwehr nicht - bisher der running gag der WM. Serbien-Montenegro kam nach der Pause nur deshalb besser zur Geltung, weil die Niederlande bereits den Schongang einlegten, der Erfolg der Holländer wirkte aber nie wirklich gefährdet. Somit haben die beiden etablierten Fussballnationen in Gruppe C nach dem ersten Spieltag die besten Karten, der vorentscheidende Schlager am Freitag heißt Niederlande-Elfenbeinküste.

Spiel zwei, ang'schaut hab ich's mir, aber eine geistige Auszeit hab ich mir dabei doch genommen. Das galt auch für die Verteidigung des Iran, die sich in einer lange Zeit dahin plätschernden Partie irgendwann selbst eingeschläfert hatte. Am Ende war's ein "normales" Ergebnis, Weltmeister wird aber auch Mexiko nicht werden.

Am Abend wieder mal das nun schon alte Lied - rasche Führung (einmal mehr verursacht durch einen krassen Fehler der Verteidigung) und in der Folge schläft das Spiel immer mehr ein. Von "aufgeladener Atmosphäre" war null zu merken, ganz im Gegenteil zeigte Angola vor Portugal viel zu viel Respekt und riskierte gerade mal eine Serie von hoffnungsfrohen Weitschüssen, ganz so als ob man seinem einstigen Herrscher nicht zu nahe treten wollte. Die Positionen in Gruppe D sind somit zugunsten von Portugal und Mexiko bezogen, es war im Grunde auch nichts anderes zu erwarten.

Pre: 11-06

Am Nachmittag trifft die Torfabrik der Niederlande (27 Quali-Treffer) auf die Torverhinderer aus Serbien-Montenegro (nur ein Quali-Gegentor in zehn Spielen), und es wird ganz darauf ankommen, welches der beiden Systeme hier die Oberhand gewinnt. Die Serben werden wenig beachtet, sind aber mit einigen Wassern gewaschen, Obacht. Viele Tore werden wir hier nicht erleben, wage ich zu behaupten. Tipp also: SCG-NED 0:1.

18 Uhr Mexiko-Iran, ob ich mir da nicht eine Auszeit nehme? Doch irgendwas riecht mir hier nach Überraschung - der Iran scheint mir gut drauf zu sein, Mexiko hat nicht die Form vom letzten Jahr und neigt zur Selbstgefälligkeit. Ich tipp einfach MEX-IRN 2:2.

Das Abendspiel ist eine ganz heiße Sache. Das Schicksal wollte es, dass Angola sein WM-Debüt ausgerechnet gegen seinen einstigen Kolonialherren Portugal gibt. Zahlreiche Spieler Angolas sind zudem in der portugiesischen Liga aktiv. Bisherige Begegnungen endeten zwar mit deutlichen Siegen Portugals, aber das zählt heute abend nicht mehr. Allerdings denke ich, dass Angola einfach fussballerisch zu schwach ist und die routinierten Portugiesen der aufgeladenen Atmosphäre eher gewachsen sein werden. Mein Tipp: ANG-POR 1:3.

Re: 10-06

Bisher hab ich noch kein einziges Spiel über die volle Länge gesehen, bin überhaupt die ganze Woche konfus unterwegs gewesen. "So ist das also", würde die bessere Hälfte jetzt sagen, so ist das also (sag jetzt ich), wenn die bessere Hälfte nicht im Lande ist.

Gestern, das war nicht so das Wahre für mein subjektives Empfinden. Das (Eigen-)Tor von England hab ich haarscharf verpasst, und nachdem recht bald einmal klar war, dass in der mageren Partie nichts mehr passieren würde und die Engländer sich (enttäuschenderweise, aber irgendwie verständlich) gegen ein amorphes Paraguay auf das Verwaltungstechnische beschränken würden, bin ich nach 55 Minuten von dannen.

Retour zur zweiten Hälfte von Trinidad & Tobago gegen Schweden (1. Hälfte ausschnittsweise daheim gesehen) saß ich mit F. allein und mit klar verteilten Rollen im Kiosk - er T & T, ich SWE. Gestern ist mir zeitverzögert erst eingeschossen, dass Ibrahimovic ja dzt. Juventus-geschädigt sein muss - und man merkt es. Als hätte der Patient die ganze Mannschaft angesteckt agieren dann auch Leute wie Larsson, der als CL-Winner und WM-Abschiednehmer super drauf sein müsste, weit unter Niveau. Je länger das Spiel dauerte und je größer der Druck der Schweden wurde, desto größer wurde auch der Krampf und alles falsch gemacht, was man klassischerweise in so einer Situation nur falsch machen kann: Brechstange auspacken, Verzetteln in sinnlose Einzelaktionen, auf engstem Raum durch die Mitte spielen, und wenn nicht, dann setzt's überhastete Flanken und mißglückte Corner im Austro-Stil. Auf der Gegenseite wurden die aufgeweckten Trinidader immer ungezwungener und brauchten nur auf die Eigenfehler der Schweden warten, um lässige, kecke Konter zu fahren. Hier bewahrheiteten sich einmal die notorischen Stehsätze vom "befreit aufspielen" und "nichts zu verlieren haben". Nur zu verständlich, dass das Publikum ganz und gar auf Seiten des Außenseiters war, scheinbar hab ich aber seit dem Aufstand der Underdogs bei der letzten EM und dem Favoritensterben bei der WM 2002 die Krise damit und muss zum Psychodoktor.
F. jedenfalls hat's gut gefallen.

Am Abend schließlich ein wirklich sehenswertes, von beiden Seiten mit Verve geführtes Spiel, das beste bisher. Knackpunkt war einwandfrei das 2:0 der Argentinier mitten in die stärkste Phase der Elfenbeinküste hinein. Die Situation, die zum Tor führte, war im übrigen ein Musterbeispiel dafür, um jemanden sowohl ein nicht zu pfeifendes passives Abseits als auch das (in diesem Fall in die Hose gegangene) Konzept einer Viererkette zu erklären. Klar, der Lochpass von Riquelme auf Saviola war vom allerfeinsten, was Timing und Überblick anbelangt. Aber die Viererabwehr der Elfenbeinküste beging in diesem Moment einen letztlich spielentscheidenden Fehler - sie ließ sich in die Breite ziehen statt den Raum verengenden Schritt nach vorne zu machen und öffnete so die Gasse, was ein Könner wie Riquelme sofort bemerkte und eiskalt ausnützte. Allen Respekt aber den Ivorys, deren Widerstand ungebrochen blieb. Der Anschlusstreffer des mit Riesenherz fightenden Drogba war mehr als verdient und sorgte für eine tolle, doch leider unbelohnte Schlussoffensive. Gegen den Sturm und Drang der Elfenbeinküste setzte sich die größere Reife und Abgeklärtheit der Argentinier durch, auch das muss man anerkennen, und in dieser Gruppe ist sowieso noch alles drinnen.

Zwischenbemerkung

Ich seh schon, so geht das nicht. Erst der zweite WM-Tag, und schon ist der ganze Tagesablauf durcheinander. Ab sofort also mit Laptop on the road zum TV-Match und in den Spielpausen was schreiben, auch wenn das beknackt aussieht. Jetzt schaff ich keine Rückschau mehr, nach vier schon wieder, ab ins horizontale Fach.

Samstag, 10. Juni 2006

Pre: 10-06

Im Nachmittagsspiel heute viele Rätsel: Wie geht England mit seinem "Stürmerproblem" um? Vielleicht ist es ja gar keins, und das englische Spielsystem wird für den Gegner sogar weniger leicht berechenbar. Mich würd's nach wie vor wundern, wenn den Engländern ausgerechnet bei der WM der Knopf aufgehen würde, aber wer weiß, möglicherweise fördert das Fehlen Rooneys sogar den Mannschaftszusammenhalt. Dieser ist gewiss der große Bonus von Auftaktgegner Paraguay, ein gut eingespieltes, über die Jahre gewachsenes Team. Sonst weiß ich nicht viel über die Paras, mit denen ich nie viel anfangen konnte, die Qualifikation wurde eher mühevoll geschafft, der überwiegende Teil des Kaders kickt in Südamerika, die Stars der Mannschaft (Santa Cruz, Dos Santos) dafür bei Bayern München, was auch nicht eben sympathiefördernd ist. Tipp: ENG-PAR 2:0.

Beim zweiten Spiel brauch ich nicht so weit ausholen: Schweden hat die Testspiele vor der WM zwar restlos verpfuscht, aber im Ernstfall sollte die Angriffspower von Ibrahimovic-Larsson-Ljungberg wieder aus dem Tiefschlaf erwachen. Trinidad & Tobago genießt nicht nur hierzulande viele Sympathien, die Truppe läuft aber neben Togo Gefahr, zum Prügelknaben der WM zu werden. Die WM-Vorbereitung glich eher dem Aufwärmen für ein Juxturnier und mit einer derart desorientierten Defensivabteilung sowie altersschwachen Stürmern kann man normal nur auf baldige Schonung durch den Gegner hoffen. Tipp: TRI-SWE 0:3.

Argentinien-Elfenbeinküste am Abend ist der erste echte Reißer der WM und die erste wichtige Standortbestimmung in der hochkarätigen und spannungsgeladenen Gruppe C. Beide Teams haben ihre Stärken in Offensive und Spielkultur, mit Vorteilen für Argentinien, was die Ausgewogenheit und Turniererfahrung der Mannschaft betrifft. Es ist anzunehmen, dass beide Seiten im ersten Gruppenspiel Respekt voreinander zeigen und sich erst mal beargwöhnen, ohne die Karten auf den Tisch zu legen. Dennoch gut möglich, dass dieses Spiel mit Fortdauer einiges an Dramatik und Attraktivität zu bieten hat. Tipp: ARG-CIV 1:1.

Re: 09-06

Die erste Überraschung ist da, die Gruppe A würde aber nur bei zumindest einem Umfaller der gestrigen Siegerteams am nächsten Spieltag an Spannung gewinnen. Anderenfalls geht's im dritten Gruppenspiel nur mehr um die goldene Ananas.

Ansonsten möchte ich mal behaupten, dass Deutschland die mangelhafte Harmonie in der Abwehr und die dafür viel zu riskante Spielweise im weiteren Verlauf des Turniers noch auf den Kopf fallen werden. Klinsmann wird das Heimpublikum jedoch nicht mit Zweckfussball vergraulen wollen - nur schießt man nicht gegen jeden Gegner Tore nach Bedarf wie gegen Costa Rica.

Ecuador - von mir zu Unrecht vorver(vor)urteilt - legte im Vergleich dazu gerade durch eine solid organisierte Defensive erst den Grundstein zu einem selbstbewußten, spritzigen Spielaufbau, dem die Polen wenig Zusammenhängendes entgegensetzen konnten. So mutlos und einfallslos hätten wir Polen in der Qualifikation gerne gesehen, doch was soll's and who cares.

Freitag, 9. Juni 2006

Here we go

Endlich geht's los, und seit Mittag fängt's bei mir tatsächlich schon zu kribbeln an. Ich will an dieser Stelle kein WM-Tagebuch versprechen, aber ich hab mir vorgenommen tagtäglich etwas abzusondern, wie's mir halt einfällt und was mir halt einfällt, vorschauend und rückblickend.

Heute stehen für die zwei Favorits in Gruppe A Pflichtsiege auf dem Programm, vor allem steht Gastgeber Deutschland unter Zugzwang. Gelingt ein reibungsloser Auftakt gegen Costa Rica, können die Deutschen schon einmal kräftig durchatmen, sonst kracht's im Gebälk, und zwar ordentlich. Bei einem schnellen Führungstor könnte es eine klare Sache für den Veranstalter werden, anderenfalls wird's mit jeder Minute mühsamer. Mein Tipp: GER-CRC 4:0.

Ecuador wird gegen Polen sicher auf ein "zu null" spielen und vorne auf einen lucky punch hoffen. Die Polen machten zuletzt alles andere als einen gefestigten Eindruck, woran auch die eigentümliche Kaderzusammenstellung von Teamchef Pawel Janas nicht unschuldig ist. Eine Krampfpartie zeichnet sich ab, in der sich Polen mit Bauchweh durchsetzen sollte. Mein Tipp: POL-ECU 1:0.

Und noch ein Tipp (für die Wiener hier herinnen): Ich schau heute (und nicht nur heute) im Kiosk, Schleifmühlgasse Ecke Margaretenstraße, da ist heute nach den Spielen "mein" Ex-Admira-Käpt'n Michi Hatz DJ-mäßig im Einsatz.

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