Fussball-WM 2006

Dienstag, 27. Juni 2006

Re: 27-06

Irgendwann hab ich mich gefragt, wie's Ghana eigentlich geschafft hat, soweit zu kommen. Vorne probiert man's immer nur mit lauwarmen Weitschüssen, die ganze WM schon, und hinten mit einer Abseitsfalle, die nicht funktioniert. Und das gegen Brasilien. Offensiv stereotyp, defensiv uneinsichtig bis zur 90. Minute, dazu ein dodelhaft eingehandelter Feldverweis. So blöd spielen nicht einmal die Unsrigen. Mir sind die ganzen vorurteilsbehafteten Klischeeurteile über afrikanische Mannschaften zutiefst zuwider - aber bei den Ghanaern besteht echt noch viel Nachholbedarf, was Grundsätzliches anbelangt. Denn in Wahrheit konnten sie froh sein, dass Brasilien die zweite Hälfte als Trainingskick absolvierte und zum Schluß Chancen verschluderte. Das Gefasel des ORF-Heinis von einem "zu hoch ausgefallenen" brasilianischen Sieg zeigt nur, wie ahnungslos diese Leute sind. Ze Roberto versuchte einmal den Tormann aus 60 Metern zu überheben, und am Ende wollten alle nur mehr Cafu sein allererstes WM-Tor ermöglichen - sowas erlaubt man sich nur, wenn man den Gegner zum Sparringpartner zurechtgestutzt hat.

Brasilien steht also mit vier Siegen und 10:1 Toren im Viertelfinale und wirkt zusehends unterfordert. Welche Idioten im Publikum nehmen sich eigentlich das Recht, diese Mannschaft auszupfeifen? Die privilegierten Geldschweine, die ihre Matchkarte aus der Unternehmensportokasse zahlen?

Am Abend, das war ein gutes und prickelndes Spiel von zwei guten Mannschaften, das kann man so einfach sagen. Die Spanier begannen schwungvoller, im guten Sinne jungdynamischer, und als die Elferführung fiel, hätten wohl nur wenige mehr an Frankreich geglaubt. Nicht so die Franzosen selbst, die eigentlich von Beginn an engagierter als jemals zuvor bei dieser WM gewirkt hatten. Gerade in dieser Situation konnte sich die Mannschaft an ihren Leitfiguren Vieira und Zidane aufrichten. Letzterer legte sich ordentlich ins Zeug, hatte sich zumindest einen Abschied mit Bravour vorgenommen - und diesmal sollte ihm auch die Luft nicht ausgehen. Als Vieira die Wende gelang und Zidane am Ende höchstpersönlich für die Entscheidung sorgte war nicht nur meine anfängliche Pro-Spanien-Stimmung längst so gekippt wie das Match selbst - und als der große, alte Zinedine und der patscherte, aber heute gleichfalls tolle Barthez Arm in Arm vom Spielfeld gingen, da war ich echt gerührt. Ja, die WM ist angekommen, sie macht jetzt Spass und geht unter die Haut, mehr davon!

Und die einmal mehr unglücklichen Spanier sollen sich trösten, die sind in zwei Jahren im besten Alter und werden bei "unserer" EM noch viel Freude bereiten.

Pre: 27-06

Schon ist der letzte Tag des Achtelfinales erreicht, und man muss sich vergegenwärtigen: Brasilien gegen Ghana, das ist das letzte Spiel dieser WM, bei dem noch eine Top-Sensation möglich ist, sonst steht bereits heute nachmittag fest, dass wir eine Weltmeisterschaft ohne Umstürze, ohne nachhaltige Erschütterung der bestehenden Machtverhältnisse erlebt haben (außer die Ukraine wird Weltmeister, aber daran wollen wir besser gar nicht denken).

Aber kann man Außenseiter Ghana eine Überraschung zutrauen, muss ausgerechnet der regierende Weltmeister daran glauben, damit Deutschland '06 doch noch zur WM Afrikas wird? Ich glaube, das wird's nicht spielen. Brasilien hat sich bis jetzt von Mal zu Mal gesteigert und kann in dieser Turnierphase nicht nur die höhere kollektive wie individuelle Klasse sondern auch die wesentlich höheren Erfahrungswerte auf diesem Level als Guthaben für sich verbuchen. Ghana wird entweder zu viel oder zu wenig Respekt zeigen, beides spielt den Brasilianern in die Hände. Tipp: BRA-GHA 3:1.

Für Frankreich sollte am Abend Endstation sein. Die Franzosen quälten sich ins Achtelfinale, Spanien spielte vergleichsweise unbeschwert, attraktiv und angriffslustig. Hier trifft Zukunft auf Vergangenheit, und nur wenn den Franzosen ein letztes Aufbäumen gelingt, sollten sie das Rad der Geschichte noch einmal zurückdrehen können. Es liegt an Spanien, die Weichen zu stellen. Tipp: ESP-FRA 2:1.

Montag, 26. Juni 2006

Re: 26-06

Was für ein Ende dieses Spiels! Ich hab schon manches erlebt bei einer Weltmeisterschaft, aber an einen entscheidenden Elfer in der letzten Sekunde der regulären 90+5 Minuten kann ich mich nicht erinnern. Klar hat das Fabio Grosso mit aller italienischer Gerissenheit gemacht, indem er Australiens Verteidiger Neill als Stolperstein gebrauchte, um zu Fall zu kommen. Aber das kann man schon pfeifen. Elferschütze Francesco Totti, vor vier Jahren Sündenbock beim Ausscheiden gegen Südkorea, konnte damit doch noch zum WM-Helden werden. Für die einmal mehr beherzten Australier war es ein bitteres Ende, aber man muss dazusagen: Man darf eben nicht in Gedanken schon in der Verlängerung sein, schon gar nicht gegen Italien, das in dieser Situation wohlgemerkt mit einem Abwehrspieler im gegnerischen Strafraum war! Und obwohl Australien nach der roten Karte für Materazzi fast die ganze zweite Hälfte lang einen Mann mehr auf dem Platz und ein nummerisches Übergewicht im Mittelfeld hatte, merkte man wenig davon, da die Italiener ihre Rollen geschickt neu verteilten und die Australier mit dem ungewohnten deutlichen Plus an Ballbesitz wenig Konstruktives anfangen konnten. Nüchtern betrachtet war es in einem relativ ausgewogenen, taktisch interessanten Formationsspiel ein glücklicher, aber nicht unverdienter Sieg Italiens.

Abends Schweiz-Ukraine - zwei Mannschaften, die es besser verstehen, das Spiel der anderen Seite zu unterbinden als selbst gestalterisch tätig zu werden und Kreativität allenfalls im Herausholen von Standardsituationen entwickeln. 90 Minuten lang war also - abgesehen von je einem Lattentreffer - gegenseitiges Neutralisieren auf allerdings eher mäßigem Niveau angesagt. In der Verlängerung nach anfänglichen Vorteilen für die Schweiz das gleiche Bild - aber im Grunde roch es schon viel früher nach Elferschießen.

Und in dem warfen die Schweizer in einem Akt kollektiven Versagens die Nerven weg wie nur was. Knackpunkt war der erste verwandelte Elfmeter der Ukraine. Nachdem zuvor ausgerechnet Superstar Schewtschenko kläglich vergeben hatte (und auch Streller für die Schweiz gescheitert war), kam Artem Milewskij an die Reihe. Der 21-jährige, der erst kurz vor Ende der Verlängerung eingewechselt worden war und erst gegen Saudi-Arabien sein (Kurz-)Debüt für die Ukraine gegeben hatte, verwandelte mit einem dreisten Edelschupfer Marke Panenka. Mit diesem tollkühnen Geniestreich hatte der junge Mann nicht nur die Schweizer Handwerker um ihre Contenance gebracht, nicht nur seinen Kapitän gerettet, sondern vor allem den noch wartenden Kameraden gezeigt: Was habt's ihr, geht eh ganz einfach! Der Rest war fast nur noch Formsache.

Oleg Blochin hatte mit der sicher nicht grundlosen Einwechslung Mileweskijs ein Trumpfas ins Spiel gebracht. Blochin selbst besaß nicht die Nerven seiner Spieler: Während des Elferschießens versteckte er sich in der Kabine, als er zum Triumph zurückgeholt wurde, war der ukrainische Feldherr sowohl einem Schwächeanfall als auch den Tränen nahe, das Bild werd ich nicht vergessen.

Ohne ein Gegentor und also auch ohne eine Niederlage bei der WM zu kassieren, müssen die Schweizer nun als tragische bis tragikomische Helden heimfahren - aber wie alle der bisher verabschiedeten Mannschaften brauchen auch sie daheim keinen unfreundlichen Empfang befürchten.

Pre: 26-06

Italien wird es heute nicht leicht haben mit den Australiern, die keine weichen Knie bekommen, nur weil sie gegen einen dreifachen Ex-Weltmeister antreten. Die Australier sehen sowas als Herausforderung, sie sind gut drauf und sie werden sich nach Leibeskräften gegen das Ausscheiden wehren. Gewinnen und aufsteigen wird trotzdem Italien. Warum? Weil die Italiener die Italiener sind. Und die sind seit 22 WM-Spielen nur im Elferschießen gebogen worden. Tipp: ITA-AUS 2:0.

Am Abend halt ich zur Schweiz wie noch nie. Die Nachbarn sollen ins Viertelfinale, schon allein, um unseren Fadgas verströmenden Ösi-Fussballentscheidungsträgern ("wir sind nur ein armes, kleines Land und wir werden nie was reißen") einen Denkzettel zu verpassen. Die Ukraine ist bei mir unten durch, siehe hier. Aber heute ist ein neues Spiel, und es ist echt perfid, dass die Ukraine gegen Tunesien de facto Kräfte sparen konnte. Aber wenn die Schweiz Schewtschenko im Griff hat (der bis jetzt ohnehin sehr wenig gezeigt hat), sollte das reichen. Tipp: SUI-UKR 1:0.

Sonntag, 25. Juni 2006

Re: 25-06

Mit derart vielen Klassespielern in den Reihen solch einen elenden Hundskick hinzulegen, wie England das tat, das ist schon eine Kunst. Man muss kein Vertreter der englischen Yellow Press sein, um Sven Erikssons Angsthasentaktik mit einem eben erst auskurierten Wayne Rooney als einzigem Stürmer zu zerzausen. Sich allein auf die Kunstschüsse David Beckhams zu verlassen, das ist einfach zu billig. Ecuador beschränkte sich noch dazu darauf, gute Figur zu machen und unternahm nach dem 0:1 keine ernsthaften Bemühungen, um das Spiel noch zu drehen. Mit diesem würdelosen Einzug ins Viertelfinale hat England wohl nicht nur bei mir Sympathien verspielt.

Mir macht das üble Laune, dass die Holländer ausgeschieden sind, und mir geht das auf den Geist, wenn sich ein Schiri in den Mittelpunkt stellen will, wie das gerade eben der Fall war. Okay, das Match war aufgeheizt und emotionell, aber so was kommt im Fussball vor und da war nicht viel, was über das Handelsübliche hinausging, vor allem keine augenscheinlichen Gehässigkeiten. Ein wirklich guter Schiedsrichter verwendet seine Karten, um damit für Ruhe zu sorgen und nicht, um damit seine Macht zu demonstrieren. Und so konnte eine an sich dramatische Partie nie so ein Feuer entwickeln, dass es vollends mitreißend und begeisternd geworden wäre, weil der Spielrhythmus beider Mannschaften immer wieder unterbrochen wurde. Wer weiß, wie sich alles entwickelt hätte, wäre Cocus Volleybombe nicht an der Latte sondern im Tor gelandet. Aber der Ball war eben nicht drin, und statt über Einzelaktionen zu hadern, sollte man das Gesamte sehen:
* Es sind schon bessere holländische Mannschaften nicht viel weiter bei einem Turnier gekommen als dieses Team, das in vier Spielen nie wirklich schlecht, nie wirklich gut gewesen war.
* Es haben umgekehrt portugiesische Mannschaften, die mit mehr Vorschusslorbeeren bedacht worden waren, weniger gerissen als dieses Team, das bisher eine durchgehend reife Leistung und runden Fussball bei dieser WM zeigt.

Ich leide mit den Holländern, aber insgesamt haben sich die Runden gegen die eher Unrunden verdienterweise durchgesetzt. Diese Einsicht lag auch im Blick Marco Van Bastens - und er wird ewig mit dem Vorwurf leben müssen, Ruud Van Nistelrooij in diesem Spiel nicht zum Einsatz gebracht zu haben.

Pre: 25-06

England ist heute zum Siegen verdammt, während Ecuador auch bei einem (ehrenhaften) Aussscheiden in der Heimat gefeiert werden würde. Die bisherigen Performances beider Teams sprechen zwar eher für eine knappe Angelegenheit, der unbedingte Siegeswille Englands sollte aber den Ausschlag geben. Zudem machte der wieder hergestellte Rooney gegen Schweden bereits einen bemerkenswert fitten und hungrigen Eindruck. Tipp: ENG-ECU 2:0.

Portugal und die Niederlande qualifizierten sich zwar vorzeitig fürs Achtelfinale, beide Teams wirkten dabei aber nicht restlos überzeugend. Obwohl heute die Karten auf den Tisch gelegt werden müssen, erscheint eine lange Zeit abwartende, sich gegenseitig neutralisierende Auseinandersetzung nicht unrealistisch. Das erste Tor kann schon vorentscheidend sein, auf jeden Fall aber Leben ins Spiel bringen. Eine äußerst offene Angelegenheit, jeder Ausgang scheint möglich. Tipp: POR-NED 0:1.

Re: 24-06

Hab gestern nur die zweite Hälfte und die Verlängerung von Argentinien-Mexiko gesehen. Erstmals also kam die bisher herausragende Mannschaft des Turniers in Schwierigkeiten und hatte Mühe, dem Gegner ihr Spiel aufzuzwingen. Mexiko war durch die starken Leistungen der Argentinier auf der Hut gewesen und hatte einen fast aus der ganzen Mannschaft bestehenden Abwehrriegel aufgebaut. Der Führungstreffer war zwar rasch egalisiert, aber das lange haltende Unentschieden und die vergeblichen Bemühungen Argentiniens weckten die Zuversicht der Mexikaner, mit ihrer Verhinderungstaktik irgendwie über die Runden zu kommen, und sei es im Elferschießen. Nachdem das Kombinationsspiel Argentiniens nie richtig in Schwung kommen wollte, war es wenig verwunderlich, dass schließlich eine individuelle Glanzleistung in Form des Prachtschusses von Maxi Rodriguez den Ausschlag gab. Mannomann, das war eine Erleichterung! Jetzt also Deutschland-Argentinien im Viertelfinale, das wird was werden, da werden auf einer Seite Tränen fließen müssen.

Samstag, 24. Juni 2006

Pre: 24-06

Auch die zweite Turnierphase beginnt mit dem Spiel des Gastgebers. Sowohl Deutschland als auch Schweden kamen im bisherigen Verlauf des Turniers immer besser in die Gänge, dennoch ist klar, wer hier der Favorit ist. Bei aller Sympathie für die Schweden, deren Chancen ich nach dem bisher gezeigten für gering halte - ein Viertelfinale Deutschland-Argentinien wäre schon ein echter Knüller, das muss einfach sein. Aber heute kann noch ein hartes Stück Arbeit bevorstehen. Ich schätze, die Deutschen werden mit einer Startoffensive loslegen, um sich genau das (und vor allem eine Verlängerung) zu ersparen. Tipp: GER-SWE 2:1.

Noch klarer ist die Ausgangsposition im zweiten Spiel. Argentinien präsentierte sich bisher ausnahmslos weltmeisterlich, Mexiko farblos. Einen argentinischen Ausrutscher mag ich mir gar nicht vorstellen, das wäre eine Katastrophe. Tipp: ARG-MEX 2:0.

In between

Nahtlos geht es von der Vorrunde zum Achtelfinale, aber ein paar Zwischenbemerkungen müssen sein, und ein Resümee der Gruppen G und H bin ich auch noch schuldig.

Gruppe G: Der erste Platz der Schweiz wirkt überraschender als er ist, denn es hatte sich abgezeichnet dass a) die Schweiz gut drauf ist, b) die Franzosen nicht mehr die frischesten sind und c) Südkorea lange nicht so gute Figur wie bei der Heim-WM machen wird können. Ein enger Ausgang in dieser Gruppe war ohnehin zu erwarten.

Gruppe H: Hier täuscht der Punkteabstand zwischen Zweitem und Drittem, denn in Wahrheit war hier nur Spanien konkurrenzlos, während die Ukraine von der Schwäche der beiden anderen Mannschaften (die sich noch dazu gegenseitig die Punkte wegnahmen) profitierte.

Auch nach Abschluss der Vorrunde lässt sich sagen, dass wenig wirklich Unvorhergesehenes passierte. Die ausgeschiedenen europäischen Mannschaften aus Tschechien, Polen und Kroatien waren schon zuvor unter die Wackelkandidaten bezüglich der Aufstiegsplätze einzureihen gewesen. Am bedauerlichsten war wie erwartet das Ausscheiden eines der Teams aus Gruppe C, wobei es wie befürchtet die Elfenbeinküste traf. Dass Serbien und Montenegro allerdings mit der schlechtesten Bilanz aller WM-Teilnehmer (null Punkte, 2:10 Tore) heimgeschickt wird, das hätte wohl niemand gedacht. Von den vorzeitig ausgeschiedenen Mannschaften hatte nur eine ein ausgeglichenes Torverhältnis (Paraguay mit 2:2), die meisten Tore (5) hatte die Elfenbeinküste erzielt und nur für Südkorea reichten auch vier Punkte, also ein Sieg und ein Unentschieden nicht zum Weiterkommen.

Ein Blick auf die weitere Auslosung/Zuordnung zeigt uns, was alles passieren bzw. nicht passieren kann:

Besonders bemerkenswert ist der Umstand, dass entweder Deutschland oder Argentinien schon vorzeitig ausscheiden müssen, da die beiden Mannschaften bereits im Viertelfinale aufeinander treffen würden. Einer aus dem Quartett Italien-Australien-Schweiz-Ukraine steht mit Sicherheit im Semifinale, sollte also Italien einen Umfaller haben, gäbe es eine Sensation. Ghana, Spanien und Frankreich haben Brasilien als Konkurrenten für die Semifinal-Qualifikation, nur einer der vier schafft es bis dorthin. Auch England und Holland können nicht gemeinsam unter die letzten vier kommen, dafür befinden sich entweder die Schweiz oder die Ukraine sicher unter den letzten acht.

Freitag, 23. Juni 2006

Re: 23-06

Was am Nachmittag geboten wurde, war eine Zumutung. Die Ukraine hatte ich vor Beginn der WM als Nr. 7 auf meiner Sympathieliste, dafür gehör' ich nachträglich mit einem nassen Fetzen geschlagen. Gegen das planwirtschaftliche Zweckgemurkse der Ukrainer war die UdSSR seinerzeit eine kunterbunte Karnevalstruppe. Es passte ins Bild, dass Blochins Soldaten nur durch einen großzügig gewährten Elfmeter zum Sieg kamen. Eine Schande, dass diese Mannschaft dem Turnier erhalten bleibt, während andere, die's weit mehr verdient hätten, ausscheiden müssen. Und Tunesien? Die mussten gewinnen und taten nichts dafür, warteten 90 Minuten auf ein Wunder, das war eigentlich noch erschreckender.

Vom Spiel der Spanier gegen die Saudis sah man nicht viel und versäumte man wohl auch nicht viel: Ein trainingsmäßiges 1:0 mit einigen vergebenen Chancen, das war's fürs Protokoll.

Abend am Donaukanal (aber nicht dort, wo die ganzen Dumpfgummis glotzen), mal was anderes und eh nicht schlecht. Und die Franzosen von heute verhielten sich zu den Weltmeister-Franzosen von einst einmal mehr wie der Wiener Braungrünkanal zur Seine in Paris. Zumindest die längste Zeit. Zumindest solange, bis Patrick Vieira der Kragen platzte, weil er nicht mehr mitansehen konnte, was die da vorne aufführten, wie sie eine Chance nach der andern versiebten, und so ergriff er selber die Initiative, erzielte mit einer Energieleistung das erste Tor und legte kurz darauf für Henry das zweite auf. So macht man das und so gehört sich das, so beschenkte ein Geburtstagskind das andere (den zur Untätigkeit verurteilten Zidane), und auf die schönste nur denkbare Weise war der Tag gerettet. Für Les Bleus und für mich auch. Denn bei allem Katzenjammer, den die Franzosen während der Vorrunde verbreiteten: Ich liebe sie ja trotzdem.

Und im anderen Spiel zeigten die Schweizer, was sie können: Nichts Spektakuläres, nichts Elegantes, aber sie sind arbeitssam wie ein Insektenstaat, wie ein zur Fussballelf gewordener Ameisenhaufen. Obwohl Südkorea bis zur letzten Sekunde aufopfernd und trotzig kämpfte, die erbarmungslose Konsequenz der Schweizer brach innerlich doch ihre Moral, jedes der beiden Schweizer Tore traf den Gegner mitten ins Herz. Nicht umsonst blieb die Schweiz somit als einziges Team in der Vorrunde ohne Gegentor.

So waren es vielleicht nicht die niveauvollsten Fussballspiele die wir heute abend gesehen haben, aber solche mit erzählerischen Qualitäten, solche, die Geschichten schreiben. Und so soll es sein.

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