Mit Linz gelingt 's
In einem allerdings muss ich Hans Krankl zustimmen. Die Teamchef-Frage muss nach dem endgültigen Scheitern in der WM-Qualifikation sofort geklärt werden - wenn auch nicht so, wie sich Hr. Hans das vorstellt. Worauf Präsident Stickler jetzt noch wartet, ist mir schleierhaft. Stickler, die pastorale Schlaftablette, sinngemäß: "Wir haben gewußt und waren darauf vorbereitet, dass wir in Polen auch verlieren können." Ja. Eben. Und? Weiter? Deshalb wurschteln wir uns jetzt bis Ende November durch und schauen dem lieben Gott beim Regenmachen zu?
Ein Wort noch zum Thema Roland Linz. Roland Linz kann nicht erst seit vorgestern Abend Fussballspielen und Tore machen. Das wusste auch sein ehemaliger Trainer Christoph Daum, dessen auf Roland Linz gemünzter, oft missverstandener Sager, wonach "gewissen jungen Österreichern zuviel Puderzucker in den Arsch geblasen" werde, in Wahrheit genau das besagte: Linz ist ein Guter, aber ein verwöhnter Bengel, dem man zu früh und zu oft gesagt hat, dass er was Besonderes ist und der das erst durch Leistung bestätigen muss. Roland Linz benötigt in Wahrheit nur ganz wenig: Einen Trainer mit Sinn für Menschenführung und das Gefühl, gebraucht zu werden. Letzteres erhielt er Samstag durch seine Einwechslung. Er bedankte sich mit Toren, und er wird sich weiter dafür bedanken, wenn man ihn richtig anpackt. Kicken kann er schon selber.
Aber nun zur Matchkritik, diesmal en face & en detail:
(Notenschlüssel: 5 = überragend, 4 = gut, 3 = Durchschnitt, 2 = schwach, 1 = katastrophal)
Schranz - 3
Man kann ihm wenig vorwerfen, aber in entscheidenden Momenten fehlen ihm Fortune und Extraklasse. Beim Elferfoul verschuldete er einen Elfer aus Angst, einen Elfer verschulden zu können. Dieser winzige Augenblick der Unentschlossenheit macht den Unterschied zwischen Ball- oder Bein-erwischen aus. Das Timing beim Hinauslaufen war nämlich an sich richtig.
Standfest (bis 45.) - 1
Von der ersten Minute an ein Durchlassventil auf der rechten Abwehrseite. Heillos überfordert, nicht einmal Dospel war jemals so daneben. Wurde zur Pause erlöst.
Ehmann (bis 80.) - 3
Ehre, wem Ehre gebührt. In einer konfusen Verteidigung der einzige, auf den man sich verlassen konnte. Die grandiose Freistossvorlage über den halben Platz zur Mayrleb-Chance hätte man ihm gar nicht zugetraut.
Hieblinger - 2
Unsicher, ängstlich, verkrampft. Erfing sich mit Fortdauer des Spiels ein wenig, ist aber dem Ernstfall nicht gewachsen.
Pogatetz - 2
Begrüßte seinen ehemaligen Moskauer Mannschaftskollegen Kowalewski (Polens Ersatzgoalie) mit Backenkuss. Zu den anderen Polen war er im Spiel weniger freundlich. Resultat: Dumme Fouls, die zu gefährlichen Freistößen führten (wie vor dem 2:0). Fazit: Übermotiviertheit kann fehlende Spielpraxis nicht ersetzen.
Schopp (bis 80.) - 2
Wenn das Spiel nicht an ihm vorbei lief, dann hielt er es auf. Wirkte, als wäre er mit Wichtigerem beschäftigt.
Kühbauer - 2
Willig, bemüht, aber erst glück-, dann ratlos. Quittierte die eigene Performance mit Kopfschütteln und nahm es wortlos (!) hin, als ihn Ivanschitz keine Corner mehr treten ließ.
Stranzl - 2
Unfassbar, dass ein Spieler seines Formats eine Halbzeit lang derart von der Rolle sein kann. Beging nach seinem Patzer vor dem 1:0 haarsträubende, unerzwungene Fehler im Minutentakt. Riss sich in der zweiten Hälfte zusammen, vernachlässigte seine neue Position als Rechtsverteidiger, um sich nach vorne zu orientieren. Das war sicher nicht mit Krankl ausgemacht, aber besser so.
Aufhauser - 2
Ein Aufhauser-Imitator auf der Suche nach sich selbst. Was ist los mit ihm? Red Bull hat noch keinem gut getan (s. auch Schopp, Mayrleb).
Ivanschitz - 3
Agierte motiviert und energisch, jedoch, er stand im Mittelfeld allein auf weiter Flur, so dass seine Ambitionen zumeist wirkungslos verpufften. Stemmte sich dennoch bis zum Schluss gegen die Niederlage. Immerhin.
Mayrleb - 1
Irrte planlos in der Etappe herum. Die wenigen Bälle, die er bekam, verlor er entweder oder er spielte sie in die Abwehr zurück. Verjuxte die Riesenchance auf die Führung in Mayrleb-Manier, also kläglich. Ende der Teamkarriere dringendst anzuraten.
Linz (ab 46.) - 5
Zweimal eiskalt den Anschlusstreffer erzielt, dazu ein Abseitstor, ein toller Kopfball an die Latte, einen weiteren knapp daneben gesetzt sowie eine Top-Chance nach Klasse-Solo versiebt. Mit etwas Glück (wie bei seinem zweiten Tor) hätten es vier Stück werden können. Für jemanden, der in eine desaströse, verlorene Partie gekommen war, eine sensationelle Vorstellung, an der sich die ganze Mannschaft aufrichten konnte.
Außer Konkurrenz:
Kuljic (ab 81.) - 4
Sein wuchtiger Kopfball wurde in der letzten Sekunde der Nachspielzeit auf der Linie abgewehrt. Kompensiert fehlende internationale Erfahrung durch Selbstbewußtsein und Unerschrockenheit.
Kiesenebner (ab 81.) - 2
Fiel nur durch einen Schußversuch auf, bei dem er über den Ball stolperte.